Mit unbeschreiblichem Zynismus hatten die Mitarbeiter des populären Senders den Völkermord seit Monaten wie eine Werbekampagne vorbereitet. Das Programm bestand aus Pop-Musik, packenden Sportreportagen, politischen Pamphleten und an Verachtung nicht zu überbietenden Mordaufrufen. Die Grooves der neuesten kongolesischen Bands und aggressivste Rassenkunde vereinten sich hier auf wenigen Quadratmetern zu einem düsteren Laboratorium rassistischer Ideologie. Das Projekt "Hate Radio" lässt RTLM in originalgetreu nachgebauten Kulissen wieder live auf Sendung gehen.
Als am 6. April 1994 das Flugzeug des ruandischen Präsidenten Habyarimana kurz vor der Landung von zwei Raketen getroffen wurde, war dies das Startsignal für den grausamsten Genozid seit dem Ende des Kalten Krieges. In den Monaten April, Mai und Juni 1994 wurden in dem zentralafrikanischen Staat schätzungsweise zwischen 800.000 und 1.000.000 Angehörige der Tutsi-Minderheit und Tausende gemäßigter Hutu ermordet.
Die Hilfsmittel, mit denen Menschen jeden Alters und Geschlechts erniedrigt und zu Tode gebracht wurden, waren denkbar einfach – Macheten, Knüppel, einige wenige Gewehre. Doch das wohl wichtigste Instrument des Genozids war das „RadioTélévision Libre des Mille Collines“ (RTLM).
Im Mittelpunkt des Projekts stehen das Reenactment einer Sendung von RTLM und ihre Moderatoren – drei extreme Hutus und der weiße Italo-Belgier Georges Ruggiu. Wie Rassismus funktioniert, wie Menschen ihre Menschlichkeit im wahrsten Sinne „abgesprochen“ wird: Dies soll anhand einer aus Dokumenten und Zeugenaussagen rekonstruierten szenischen Installation fühl- und erfahrbar gemacht werden.
Die Wände des nachgebauten Radiostudios werden während den Aufführungen zu den Projektionsflächen für eine aufwendige Videoinstallation mit ausgewählten Erzählungen ehemaliger Täter und Opfer. Hier werden die Zuschauer mit den Konsequenzen rassistischer Denkweisen konfrontiert. HATE RADIO fordert dem Publikum damit nicht nur einen Aufenthalt im innersten Kreis, gleichsam dem Zentrum des rassistischen Wissens ab. Es macht sie zugleich zu mitleidenden Zeugen seiner zerstörerischen und unauslöschlichen Folgen.
CREDITS:
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BUCH & REGIE
Milo Rau
DRAMATURGIE & CONCEPTUAL MANAGEMENT
Jens Dietrich
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BÜHNENBILD, AUSSTATTUNG
& KOSTÜME
Anton Lukas
MIT
Afazali Dewaele
Sébastien Foucault
Estelle Marion
Nancy Nkusi
Diogène Ntarindwa (Atome)
DRAMATURGISCHE MITARBEIT & PRODUKTIONSLEITUNG Milena Kipfmüller
VIDEO
Marcel Bächtiger
ÖFFENTLICHKEITSARBEIT Yven Augustin
REGIEASSISTENZ
Mascha Euchner Martinez
TON- UND VIDEOASSISTENZ Jens Baudisch
BERATUNG TONDESIGN Peter Göhler
WISSENSCHAFTLICHE MITARBEIT
Eva Bertschy
LICHTDESIGN VIDEO BRÜSSEL
Abdeltife Mouhssin
CORPORATE DESIGN
Nina Wolters
WEB-DESIGN
Jonas Weissbrodt
PROJEKTDOKUMENTATION Lennart Laberenz (Film), Daniel Seiffert (Fotografie)
FACHBERATUNG
Assumpta Muginareza
Simone Schlindwein
Marie-Soleil Frère
CASTING BRÜSSEL
Sebastiâo Tadzio
CASTING KIGALI
Didacienne Nibagwire
HATE RADIO ist eine Koproduktion des IIPM Berlin/Zürich mit Migros-Kulturprozent Schweiz, Kunsthaus Bregenz, Hebbel am Ufer (HAU) Berlin, Schlachthaus Theater Bern, Beursschouwburg Brüssel, migros museum für gegenwartskunst Zürich, Kaserne Basel, Südpol Luzern, Verbrecher Verlag Berlin, Kigali Genocide Memorial Centre und Ishyo Arts Centre Kigali.
Mit der Unterstützung von Hauptstadtkulturfonds (HKF), Migros-Kulturprozent Schweiz, Pro Helvetia - Schweizer Kulturstiftung, Stiftung kulturelles.bl (Basel), Bildungs- und Kulturdepartement des Kantons Luzern, Amt für Kultur St. Gallen, Ernst Göhner Stiftung, Stanley Thomas Johnson Stiftung, Amt für Kultur des Kantons Bern, Alfred Toepfer Stiftung F. V. S., GGG Basel, Goethe-Institut Brüssel, Goethe-Institut Johannesburg, Brussels Airlines, Spacial Solutions, Commission Nationale de Lutte contre le Génocide (CNLG), Deutscher Entwicklungsdienst (DED), Contact FM Kigali, IBUKA Rwanda (Dachorganisation der Opferverbände des Genozids in Ruanda), Hochschule der Künste Bern (HKB), Friede Springer Stiftung.
HATE RADIO
EINE PRODUKTION DES „IIPM – INTERNATIONAL INSTITUTE OF POLITICAL MURDER“
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